Um 7.30 Uhr gehe ich durch
den üppig mit Blumen bepflanzten Garten der Lodge zum Hauptgebäude
um zu frühstücken. Am Empfang treffe ich den Manager, der mich
freundlich grüßt, von dem ich mich aber gleichwohl wegen meiner
unansehnlichen Hose beobachtet fühle. Mit seiner korpulenten Gestalt
erinnert er mich an Mr. Kananga, den schwarzen Bösewicht in dem James-Bond-Film
"Leben und Sterben lassen". Ich nutze die Gelegenheit, ihn zu
fragen, ob die Möglichkeit besteht, von hier aus nach Hause zu telefonieren.
Immerhin hatte ich versprochen, wenn möglich einmal von mir hören
zu lassen. Bereits an der Rezeption des Hotels in Nairobi hatte ich erfahren,
dass internationale Telefonate hier ein ruinöses Vergnügen sein
können. Hier ist der Aderlass noch schrecklicher: Für die ersten
drei Minuten soll ich fast 20 US$ hinlegen, also ungefähr den Wochenlohn
eines Trägers. Trotzdem lasse ich mich auf den Wahnsinn ein und kann
nach kurzer Wartezeit ein offenbar handvermitteltes Gespräch beginnen.
Die hörbare Freude am anderen Ende der Leitung entschädigt mich
für die schmerzliche Einbuße. Ich versuche, mich kurz zu fassen,
muss am Ende aber doch knapp über 20 US$ zahlen. Mr. 'Kananga' ist
noch freundlicher als zuvor.
Gegen 8.00 Uhr brechen wir
zum Nakuru Nationalpark auf, der für seine Flamingokolonie berühmt
ist. In Nakuru, einer der größeren Städte des Landes,
tanken wir an einer Shell-Station, die einen Vergleich mit einer modernen
Tankstelle in Deutschland nicht zu scheuen braucht. Selbstbedienung ist
allerdings ausgeschlossen, denn die Personalkosten sind in Kenia gering.
Sehr gering offenbar, denn es wimmelt nur so Bediensteten: Der erste weist
einem die richtige Tankgasse zu, der zweite, kaum weniger von seiner Wichtigkeit
überzeugt, dirigiert die Wagen so punktgenau zu einer Zapfsäule,
als gelte es den Wagen auf einer ausgebuchten Fähre unterzubringen.
Natürlich hat jede Tankgasse ihren Zapfsäuleneinweiser. Genau
kann ich mich nicht mehr erinnern, aber ich meine, dass das Betanken von
einem weiteren Angestellten erledigt wurde. Die Vergleichsmöglichkeit
mit Deutschland bleibt allerdings auf das Äußere der Tankstelle
beschränkt. Denn über die breite Straße hinweg geht der
Blick zu umzäunten oder von glasscherbenbewehrten Mauern umgebenen
Anwesen, was vermuten lässt, dass Kriminalität nicht allein
in Nairobi ein Problem ist.
Auf der Weiterfahrt verfliegen
diese Gedanken schnell. Bald ist der Nationalpark erreicht, in dem schon
nach kurzer Fahrt die Silhouette eines Nashorns im Gegenlicht auftaucht.
Die Hubdächer der Toyota-Busse sind jetzt ausgefahren, was das Fotografieren
erleichtert, auch wenn für die Größe dieses Gucklochs
eigentlich zu viele Personen in dem Auto sind. Meine maximale Brennweite
von 105mm ist aber ohnehin für viele Aufnahmen zu kurz, weshalb ich
häufiger sitzen bleibe und die Tierwelt ohne Fotostress bewundere.
Verglichen mit den mir verhassten Zoobesuchen ist so ein Safaritag ein
wirklich lohnendes Erlebnis, das man sich nicht entgehen lassen sollte.
Zwischendurch können wir am Seeufer aussteigen und ein wenig zu Fuß
umherstromern. Der fast schwarze, mit verstreuten Pfützen bedeckte
Boden erinnert an eine Wattfläche. Einen scharfen Kontrast hierzu
bilden dichte Ansammlungen verwesender Flamingofedern, die sich wie Inseln
in Ufernähe ansammeln. Unseren Annäherungsversuchen begegnen
die Flamingoscharen allerdings mit einem kontrollierten Rückzug und
so bin ich froh, als mir Kurt einmal sein 300er für ein Foto leiht.
Die Weiterfahrt ist kurzweilig
und bietet einen schönen Ausschnitt aus der afrikanischen Tierwelt:
Wasserbüffel, Antilopen und ähnliche Tiere verschiedener Größen,
buntgefiederte Vögel, Giraffen und natürlich Zebras. Anders
als der Amboseli-Nationalpark, dessen Besuch uns noch bevorsteht, weist
dieser Park einen reichen Baumbestand auf und wirkt erfrischend grün.
Oberhalb einer langgestreckten Felswand, die sich wohl prima als Klettergarten
eignen würde, bietet sich uns ein schöner Ausblick auf die Umgebung.
Auf einer schattigen Terrasse
der schön gelegenen Nakuru-Lodge genießen wir zum Abschluss
ein hervorragendes Mittagessen. Die Organisation der Reise ist wirklich
ausgezeichnet.
Anschließend geht es,
zum Teil auf erbärmlichen Straßen, zum Lake Naivasha östlich
des Parks. Für einige extra-Dollar machen wir hier eine einstündige
Bootsfahrt, die uns ziemlich nahe an eine Gruppe von Flußpferden
heranführt. Um 17.00 Uhr ist dieser Ausflug leider vorbei und die
lästige Fahrt nach Nairobi beginnt. Erneut erweisen sich unsere Fahrer
Chris und Peter als routinierte, sicherheitsbewusste Wagenlenker, die
insbesondere die zahlreichen Überholmanöver absolvieren, ohne
dass es mir unbehaglich wird. Immer wieder gilt es, entsetzlich qualmende
Lkws hinter sich zu lassen, so oft, dass ich anfange, im Kopf eine Stinker-Hitliste
aufzustellen. Ein Halt am Rift-Valley-Overlook, lohnend, aber wieder mit
Andenkenbuden im Nacken, lässt wieder einige der Dreckschleudern
vorbeiziehen. Bei Anbruch der Dunkelheit führt Isuzu mit weitem Abstand
meine Hitliste an, mehr Qualm geht nimmer!
Endlich kommen wir im Dunkeln
gegen 19.15 Uhr in Nairobi an. Ich nehme meinen zweiten Seesack in Empfang
und kann endlich frische Bekleidung herauskramen. Noch vor dem Essen fange
ich an, für die Weiterfahrt am nächsten Morgen zu packen. Das
ist - wie immer - ätzend.
Zum Abendessen können
wir aus einer Reihe von Menüs auswählen. Ich lande einen Volltreffer
und bin blendend gelaunt. Das Bier schmeckt ebenfalls. Helmut erzählt
ein wenig darüber, wie er Anfang der 80er Jahre Afrika auf eigene
Faust mit dem Landrover bereist hat, Geschichten, die stellenweise aus
einem Abenteuer-Roman stammen könnten. Meine eigene Unternehmungslust,
die sich in der Teilnahme an dieser Reise äußert, nimmt sich
dagegen sehr bescheiden aus.
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