Bereits am sonnigen Morgenhimmel
zeigen sich ein paar hohe Schleierwolken. Helmut ahnt, dass die nichts
Gutes verheißen und drängt zu raschem Aufbruch. Trotzdem wird
es 8.45 Uhr bis wir wegkommen. Schon bald bilden sich größere
Wolken und bereits um 11.00 Uhr hat es sich nachhaltig eingetrübt.
Umgeben von Nebelfetzen laufen wir schweigend durch die mittlerweile völlig
vegetationslose Fels- und Schuttlandschaft. Schließlich gibt es
Graupelschauer, Schneeregen und leichten Schneefall. Beim Schreiben dieser
Zeilen weiß ich nicht mehr, warum ich nicht das Regencape übergestülpt
habe, mag sein, dass ich einfach zu faul war, vielleicht befand es sich
aber auch gut verpackt im Seesack, den der Träger schleppte. Die
zu Hause sorgfältig auf Rucksack und Anorak aufgesprühte Imprägnierung
versagt jedenfalls kläglich; bei der Ankunft in der School Hut sind
die Klamotten nass.
Die auf 4750 m Höhe gelegene
School Hut ist ein fensterloser, kalter Blechbau. Ursprünglich wohl
unter Mitwirkung von Hauser Exkursionen errichtet, befindet sie sich jetzt
im Besitz der Nationalparkverwaltung. An einen Vorraum, in dem sich die
Begleitmannschaft aufhält und kocht, schließt sich der eigentliche
Aufenthaltsraum an, in dem sich ein Tisch und die doppelstöckigen
Matratzenlager befinden. Helmut ist etwas missgestimmt. Wohl zu Recht
sieht er in unserem späten Aufbruch und in unnötig langen Pausen
die Ursache dafür, dass wir in das Dreckwetter geraten und hier durchnässt
angekommen sind. Er bittet nachdrücklich darum, keine feuchten Sachen
auf die Matratzen zu legen, denn die würden bei den derzeitigen Verhältnissen
nicht den Hauch einer Chance haben, zu trocknen, bevor der Schimmel über
sie herfällt.
Das Wetter bleibt schlecht.
Schnee, Nebel, keine Sicht. Die Stimmung ist bisweilen gedämpft.
Immerhin sind wir die einzige Gruppe hier. Angesichts der ohnehin schon
herrschenden Enge wäre es überaus lästig, sich noch mit
anderen Bergsteigern arrangieren zu müssen.
Erst kurz vor Sonnenuntergang
lockert die Bewölkung ein wenig auf und der Mawenzi kommt raus. Für
Fotos ist es fast schon zu dunkel. Helmut verbreitet Optimismus und meint,
in der Nacht werde es gut werden. Er muss es ja wissen denke ich und bleibe
trotzdem skeptisch.
Um 18.00 Uhr gibt es das Abendessen.
Anschließend packen wir alles, was wir für den Gipfeltag nicht
unbedingt brauchen, in die Seesäcke.
Schon früh geht das Licht
aus. Ich fühle mich gut. Der Ruhepuls, der vor dem Abendessen noch
bei 100 lag, ist jetzt etwa bei 90 und damit nach meiner Meinung "im
grünen Bereich". Schnell schlafe ich ein, werde aber schon gegen
21.00 Uhr wieder wach: Rolf ist schwer erkältet. Er niest, schnieft
und bekommt schlecht Luft. Sein Zustand lässt nichts Gutes ahnen.
Auch mein Schlaf wird jetzt schlechter, das Kissen ist zu hart, der Nacken
zieht, immer häufiger werde ich wach. Um Mitternacht kommt der erlösende
Weckruf.
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