Der Nachtschlaf war herrlich!
In meinem Tourenbüchlein notiere ich: Bombig geschlafen!
In der Nacht war hatte es
sich bei klarem Himmel wieder kräftig abgekühlt. Im Zelt herrschten
bei Sonnenaufgang 2 Grad Celsius. Bei traumhaft klarer Luft schweift der
Blick jetzt weit über die wolkenbedeckte Ebene. Am Kibo, dessen Gipfelaufbau
von hier zu sehen ist, leuchten die scharf begrenzten Gletscher der Südseite
in der Morgensonne. Hinter dem Zeltplatz lädt ein wunderschöner
Bromelienhain zu einer fotografischen Exkursion ein, die ein Schild mit
dem Aufdruck "Please do not go behind this Point" vergeblich
zu verhindern sucht. Vielleicht ist es das Werk eines Ansichtskartenanbieters,
hat man doch gerade von hier den klassischen Blick auf die Horombohütten.
Beim reichhaltigen Frühstück,
zu dem es unter anderem Würstchen und Pfannkuchen gibt, ist Rolf
wieder dabei. Gut gestärkt beginnen wir bald mit der letzten Etappe
unserer Kibo-Tour, die uns an den Maranguhütten vorbei zum Haupteingang
des Nationalparks führt. Bis zu den Maranguhütten brauchen wir
2 1/2 Stunden, die allerdings trotz schöner Landschaftseindrücke
kein reines Vergnügen sind. Denn feiner Staub, der den größten
Teil des Weges bedeckt, wird von der Karawane der auf- und absteigenden
Touristen ohne Unterlass aufgewirbelt. Auf Kilometer kann man den Verlauf
des Weges anhand dieser Staubfahne am Hang ausmachen. Ein Entrinnen ist
angesichts der gleichmäßig verteilten Menschenmengen fast aussichtslos.
Zwar mag sich Hauser-Exkursionen nur wegen der kürzeren Anreise aus
Kenia für die Rongai-Route entschieden haben, doch ganz egal, welche
Umstände für diese Wahl maßgeblich waren, es war ein gute
Wahl. Der Gedanke, als Teil einer endlos scheinenden Kolonne im Staub
dem Berg entgegen zu gehen, ist nicht sehr verlockend. Wer Einsamkeit
für ein wichtiges Element des Naturerlebens hält, der meide
die Marangu-Route im Aufstieg!
Die Maranguhütten liegen
auf einer hübschen Lichtung im Regenwald, der heute seinem Namen
keine Ehre macht. Wir machen bei strahlendem Sonnenschein eine halbe Stunde
Rast und verzehren unsere Lunchpakete. Unsere Erwartung, auf einem nassen,
mit glitschigem Wurzelwerk gespickten Pfad dem Haupteingang mehr entgegen
zu stolpern als zu gehen und Urwald pur zu genießen, wird enttäuscht.
Auf einem erst vor kurzem neu angelegten, bis fast zwei Meter breiten,
nur abschnittweise steinigen oder verwurzelten Weg, der heute völlig
trocken ist, schreiten wir zu Tale.
Am Marangu-Gate gönne
ich mir, das erste abendliche Bier vor Augen, eine Coca-Cola. Nach vielleicht
einer Stunde (vielleicht auch weniger) wird unser in Kenia zurückgelassenes
Gepäck angeliefert. Die zahlreichen Fernreise-Routiniers unserer
Gruppe kramen abgelegte Kleidungsstücke und andere entbehrliche Ausrüstungsgegenstände
aus ihren Seesäcken, um sie für die abschließende Verlosung
unter der Begleitmannschaft zu stiften. Diese Zeremonie war in den Reiseinformationen
von Hauser schon angekündigt worden, wenn auch mit dem Zusatz, "selbstverständlich"
stehe es einem frei, etwas zur Verlosung beizusteuern.
Ich hatte es vorgezogen, mich
nicht mit dem Gedanken an verlosungsfähige Teile aus dem Altkleiderbestand
zu belasten und war nur mit den Sachen abgereist, die auch wieder zurück
bringen wollte. Jetzt stehe ich da und habe - wohl als einziger - nichts
beizusteuern, da ich mich auch nicht von einem irgendeinem liebgewonnenen
Fleecehemd oder sonst einem Kleidungsstück trennen will. Dabei hatte
ich vorgesorgt und Briefumschläge eingepackt, in die ich für
Verlosungszwecke ein paar Dollar stecken wollte, sozusagen ein abgelegter
Pullover "per definitionem". Hiervon hält Helmut aber nichts
und so kann ich mir meine Briefumschläge an den Hut stecken.
Im Ergebnis kommt für
die Verlosungs-Veranstaltung dann doch genug zusammen. Unter Beachtung
der Hierarchie in der Begleitmannschaft darf sich William zuerst etwas
aussuchen, auch den Hilfsführern wird dieses Privileg zuteil, die
Träger müssen Lose ziehen. Natürlich gibt es wieder einige
Dankesworte unseres Reiseleiters, mit denen er zu Recht die Unerlässlichkeit
der Begleitmannschaft für das Gelingen der Tour hervorhebt. Und natürlich
gibt es jetzt das Trinkgeld. Unmittelbar nach dessen Verteilung taucht
ein einheimischer Geldwechsler auf und tauscht die Dollarnoten auf der
Stelle (und vermutlich vor allem zu seinem Vorteil) in einheimische Währung
um.
Schließlich bringt uns
ein Bus nach Arusha, zur Lodge, in der wir die letzte Nacht auf afrikanischem
Boden verbringen werden. Die Fahrt zieht sich dahin und so haben wir genügend
Zeit, bei schönem Wetter die tansanische Landschaft an uns vorüberziehen
zu lassen. Der Kilimandscharo freilich hüllt sich in Wolken.
Nach etwa 2 Stunden erreichen
wir die Mountain Village Lodge, die sich in schöner Lage vielleicht
einen Kilometer neben der Hauptstraße etwas oberhalb eines Sees
befindet. Die Unterkünfte sind abseits vom Hauptgebäude in schilfgedeckten
Rundhütten untergebracht. Bald rauscht die Dusche und spült
den elenden Staub des Abstiegs davon. Mit den letzten frischen Sachen
bekleidet zieht es uns gleich danach zur Lobby, wo die Schnellduscher
schon das erste Bier im Glas haben. Endlich rinnt das bei wohl allen Kilimandscharo-Besteigern
bekannte "Kilimanjaro Lager" auch durch unsere Kehlen, köstlich
und erquickend, das edelste Fassbier aus einer nur der Qualität verpflichteten
Klosterbrauerei könnte nicht besser schmecken als dieses Flaschenbier
aus Daressalam.
Das gelungene Buffet leitet
einen netten gemeinsamen Abend ein, der auch die Gelegenheit bietet, ein
paar Dankesworte an Helmut zu richten, der uns mit seinem symphatischen
Wesen routiniert, kenntnisreich und humorvoll auf dieser Reise begleitet
hat. Zur Abrundung unseres Bestands an Reiseandenken erhalten wir heute
auch offizielle, mit einer Zertifikatsnummer versehene und unter anderem
von unserem Führer William unterschriebene Gipfelurkunden.
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